Eine Geburt ist wie eine lange Bergtour

Eine Geburt ist wie ein Tour auf den Großglockner. Wenn Ihr hochkommen wollt, müsst ihr trainieren. Ihr müsst lernen, mit euren Kräften hauszuhalten, und erkennen, wie ihr mit eurer Energie am besten umgeht. Dazu ist die Geburtsvorbereitung da. Hier lernt ihr atmen und entspannen.

Auch das Kind steigt mit auf den Großglockner. Es bestimmt, wann die Tour beginnt. Wenn es reif und fit ist für den Aufstieg, dann geht es los. Die Hebamme ist der Bergführer und der Arzt der Bergrettungsdienst. Der Bergführer weiß, wann ihr euch unterstellen und eine Pause machen solltet, wann ihr Steigeisen benutzen müsst - das sind die Atemtechniken, die ihr gelernt habt - und wann ihr ein Seil braucht. Das reichen euch euere Männer, die euch mit ihrer Stimme, mit ihrem Blick und mit Voratmen festhalten.

Das Kind geht voran und nimmt euch an die Hand. Ihr könnt mitgehen (das ist am leichtesten) oder bremsen; dann verspannt ihr euch. Wenn das passiert, hilft euch wieder die richtige Atmung. Steht auf, bewegt euch, schüttelt euch, stöhnt und schreit- das entspannt.
Auf dem Weg bis zum Gipfel, das heißt, während der ganzen Eröffnungsphase, geht es nur darum, loszulassen, sich hinzugeben und dem Kind zu folgen.

Nur Flachland-Indianer gehen senkrecht einen Berg hoch, die anderen wandern in Serpentinen und machen immer wieder Pausen (zwischen den Wehen) oder eine Rast. Auf dem Weg gibt es Steine. Doch das Kind hat viel Kraft, um über sie zu steigen. Wenn es nicht mehr weiter kann, braucht es manchmal eine besondere Übung. Ich habe eine entwickelt, die nenne ich Äpfelschütteln. Ihr steht auf und stoßt den Ton "A" aus. Euer Mann nimmt eure Pobacken in beide Hände und schüttelt sie vibrierend von oben nach unten. Da purzeln manche Babys geradezu runter.

Es gibt aber auch Kinder, die drängen über ihre Kräfte. Das sind die Revoluzzer. Sie brauchen dann vielleicht die Bergrettung. Sie kommt mit Saugglocke, Zange oder macht vielleicht sogar einen Kaiserschnitt.
Manchmal gibt es auch Steine, die die Mutter nicht überwinden kann, weil sie keine Kraft mehr hat. Dann kommt ebenfalls die Bergrettung und gibt Schmerzmittel, eventuell auch eine Peridural-Anästhesie (das ist eine Betäubung über den Rückenmarkkanal). Doch wenn ihr die bekommen habt, ist es besonders wichtig, dass ihr versucht, in euren Gedanken und Gefühlen die Verbindung zu eurem Kind zu halten. Denn das spürt weiterhin die Enge, die ihm wehtut. Und es möchte damit nicht allein gelassen werden. Bergsteigen macht süchtig. Berühmte Kletterer treibt es immer wieder auf den Gipfel, weil der Körper auf dem Weg nach oben Unmengen an Endorphinen ausschüttet. Das sind die so genannten Glücks-Hormone. Sie reduzieren die Schmerzempfindlichkeit und lösen ein wohliges Gefühl aus.
Wenn ihr während der Eröffnungswehen die Serpentinen nach oben geht, werden in eurem Körper ebenfalls dies Endorphine ausgeschüttet. Und kurz vor dem Gipfel, wenn der Muttermund offen ist und das Baby ganz vorne am Beckenausgang sitzt, seid ihr ebenfalls angefüllt mit diesem Hormon. Dann kommt eine Pause. Wegen der großen Endorphin-Ausschüttung seid ihr ganz benebelt, und die Pause hilft euch, wieder klar zu werden für den steilen Gipfelsturm.
Viele von euch werden jetzt so erschöpft sein, dass ihr glaubt, eure Grenze sei erreicht. Ihr könnt nicht mehr, wollt nach Hause, nur wieder runter vom Berg oder ruft sogar den Bergrettungsdienst und bittet um einen Kaiserschnitt. Wenn ihr an diesem Punkt seit, habt ihr es gleich geschafft. Ihr werft euch über diese Grenze und stürmt nach oben. Und wenn ihr auf dem Gipfel seid, dann spürt ihr, dass ihr einen großen Eimer voll Angst ausgeschüttet und einen großen Eimer voll Mut und Kraft gewonnen habt.

Erika Pichler versucht mit ihrer Bergsteiger-Geschichte, den Schwangeren die Angst vor der Geburt zu nehmen. Sie können sich an sie auch während der Wehen immer wieder erinnern und daran denken, wo sie gerade stehen. Das ist sehr wichtig. Denn viele Frauen verlieren während der langen Stunden, die eine Geburt dauern kann, den roten Faden. Sie wissen nicht mehr, wo sie sind und warum sie überhaupt da sind. Die Tour auf den Großglockner hilft, den Gipfel als Ziel im Auge zu behalten.

Mehr über die Arbeiten und Fähigkeiten von der Hebamme Erika Pichler können Sie auf Ihrer wunderschönen Website erfahren.

 

Letzte Aktualisierung am 30.08.2007
© 2007 Beapo



 

 

 


 
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